Katra, 20.2.2019, der letzte Tag

 

Rund 10000€ kostet der ganze Einsatz in Katra dieses Jahr. Dies beinhaltet alle Kosten inklusive Flüge, ca. 150 kg Gepäck, Medikamente, Verbände, Fäden und vieles mehr. Den Löwenanteil dieser Kosten übernimmt der Verein prointerplast Seligenstadt. Dieser Verein wiederum wird ausschließlich über Spenden finanziert und kann angesichts der Kosten viele weitere Spenden gut gebrauchen. Nicht zu vergessen sind aber auch Sponsoren wie das Klinikum Gütersloh, die Raphaelsklinik Münster, die Fa. Unterwegs, Münster und all die Mitarbeiter der Kliniken, die uns den Rücken frei gehalten haben. Unseren Familien und Freunden sei Dank für die Unmengen von Spielzeug und Geschenken, die sie gesammelt haben. Ohne dies Unterstützung wäre ein Projekt wie dieses gar nicht durchführbar. Wer spenden möchte kann dies gerne tun. Die Daten von prointerpalst Seligenstadt finden Sie.

 



Aber zurück zum letzten OP-Tag. Dieser bringt die altbekannten Abläufe und schon jetzt sorgt Frank dafür, dass er morgens zwei von Latas Eiern essen kann, da dies das vorletzte Frühstück sein wird (es wird spekuliert, dass das Letzte am Abreisetag eher hastig eingenommen wird) Das Sprachverständnis am morgendlichen Tisch hat sich in den 10 Tagen nicht wesentlich verbessert und doch vermisst man die Dialoge schon jetzt.

 

Visite

 

„Na wie sieht es denn bei Dir aus?“



Nun gehen alle zur morgendlichen Visite und beginnen darauf mit den OPs. Nach einer kleinen Operation muss Frank eine in unserem Setting eher ungewöhnliche Leistenbruchoperation durchführen. Etwas irritiert bemerkt er, dass die die Op gefilmt wird. Sie soll wohl dem hiesigen Allgemeinchirurgen gezeigt werden…. Danach gibt es erneut einen verbrannten Finger während Albrecht Verbände wechselt und dann noch eine Verbrennungsnarbe im Gesicht.

 

Bei der OP

 

Mittagessen



Dann schnell zu einem weiteren leckeren Mittagessen. Am Nachmittag stehen noch drei Patienten auf dem Plan, die zum Teil parallel operiert werden. Denn, so wird langsam klar, der Abend wird nicht einfach. Daher soll der Arbeitstag pünktlich beendet werden. Nachdem also ein weiterer Finger, ein Tumor am Auge und ein Brusttumor operiert werden, naht auch schon das Ende und man muss sich von den Mitarbeitern im Op verabschieden. Alle erhalten von Petra liebevoll gestaltete Geschenke, und Gruppenfotos in allen erdenklichen Konstellationen werden noch geschossen. Dann vorbei an der Intensivstation, die Frank sehen möchte. Und immer wieder müssen Bilder mit Schwestern und Selfies geschossen werden.

 

Abschied im Op

 

Selfie auf der Intensivstation (man beachte die apparative Ausstattung)



Albrecht erfuhr im Laufe des Tages erschreckt, dass die Kosten für den Einsatz höher liegen, als zuvor angenommen. Also muss weiteres Geld her. Daher ziehen alle Mann mit dem Fahrer in die Stadt. Der erste Geldautomat wird gerade gefüllt und in 5 Minuten betriebsbereit sein. Deshalb geht es unverrichteter Dinge nach ca. 20 Minuten weiter zum nächsten, der nun bereitwillig die geforderten Beträge herausrückt. In der Vergangenheit musste angesichts der Beträge immer mal wieder der Automat gewechselt werden.



Nach dem Geldabheben fährt der Fahrer schnell zurück, damit eine letzte Stationsrunde durchgeführt und die Konzepte festlegen werden können. Allen Patienten geht es gut, hier muss ein Draht in vier Wochen entfernt, da in drei Tagen unter den Verband geschaut werden. Nun das war sie dann, die letzte Visite und jetzt weiter. Denn Dr. Lilly hat noch in ihr Haus eingeladen. Also zieht das Team zügig weiter und wird von ihr herzlich in ihrem Haus empfangen und – man ahnt es schon – bekommt leckere kleine Köstlichkeiten vorgesetzt. Hiervon gibt es mehr und mehr, bis schon jetzt ein deutlicher Sättigungsgard erreicht wird. Aber es schmeckt halt so gut. Nun noch Geschenke an Dr. Lilly und weiter zum Abendessen bei Lata und Vater Varghese. Nun wird man richtig wehmütig, denn die leckeren Speisen suchen ihresgleichen. Der Abend klingt noch bei einem B zu WhatsApp-Nachrichten gehen nach Hause an die Lieben, um die nahende Rückkehr und das freudige Wiedersehen zu planen. Die Koffer werden gepackt und ineinander gesteckt, um Gepäck zu sparen. Und dann geht es ein letztes Mal auf die harten Pritschen, äh Verzeihung Betten.

 

Essen bei Dr. Lilly

 

Mit Dr. Lilly

Aber es wurde nicht nur gearbeitet, nein wir haben auch viel diskutiert, gelacht, Spass gehabt und auch ernste Probleme gewälzt. Wir konnten wieder etwas von der Gegend sehen und erneut Indien in uns aufnehmen (nicht nur in die Lungen…). Wie auch schon zuvor werden wir dieses sehr gegensätzliche, verschmutzte und chaotische aber auch schöne, herzliche und aufregende Land sehr vermissen. An dieser Stelle möchten wir uns von dem interessierten Leser für seine Aufmerksamkeit bedanken und auch verabschieden. Denn am Donnerstag geht es in aller Frühe los nach Jabalpur und weiter über Delhi nach Hause, sodass auch dieser Block nun eine Ende hat.

Am Ende wird alles gut. Und ist es nicht gut, ist es auch nicht das Ende (Oscar Wilde)

Katra, 19.2.2019

Frank wacht morgens – wieder etwas zu früh – auf und stellt etwas beruhigt fest, dass sich die vor dem Wochenende anbahnende Bronchitis von Dr. Albrecht einhergehend mit nächtlichen Hustenattacken offensichtlich deutlich gebessert hat. Der von Dr. Lilly eigens zur Bekämpfung dieser lästigen Erkrankung hergestellte Cocktail aus Ingwer, Honig und wer weiss hat wohl seine Wirkung getan. Diesen verabreichte Dr. Lilly in weiser Voraussicht dem Erkrankten schon vor dem Wochenende. Die auf dem Foto sichtbaren Zweifel sind damit hinweggefegt.

Patient bei der Medikamenteneinnahme (Archivbild von Freitag)

So kann das Frühstück erneut in frohgemuter Runde stattfinden. Häufig finden sich Gäste aus benachbarten Gemeinden am Tisch ein und speisen mit Petra, Albrecht und Frank, sodass es nie langweilig wird.

Nach dem Frühstück, auf, auf gehts zur Visite.

Fragen wollen beantwortet, erste Entlassungen geplant und Probleme diskutiert werden. Ein Angehöriger zeigt sich sehr besorgt, weil sich nach einer Op bei seiner Angehörigen im Gesicht der Mund nicht ordentlich schließen lässt. In nunmehr geschulter und perfekter Gestensprache kann Frank den Mann beruhigen, hängt dies lediglich damit zusammen, dass ein Verband für ein Paar Tagen festgenäht werden musste. Nach dem Lösen sei alles wieder in Ordnung, versichert er ihm.

Alles gut!
Jetzt lacht sie wieder, nachdem es die ersten Tage etwas schwerfiel….
Kosten für einen Transport mit/ohne Sauerstoff, mit/ohne Strom….

So, weiter geht es nach der Stationsrunde durch frisch geputzte Gänge weiter in den OP des Krankenhauses, vorbei an einem Schild, dass die Preise für einen Krankentransport auflistet: mit Sauerstoff 3700 Rupien (ca. 44,4,€), ohne 3200 Rupien (ca. 38,4 €).

Eingang zum OP-Trakt

Wer in den Op möchte, muss durch einen langen, dunklen Gang, an dessen Ende sich der Eingang in Form einer Doppelflügeltür befindet, über der wiederum ein Jesusbild mit verzierender Leuchtkette wacht. Seit neustem gibt es sogar – also der Form halber – eine Tür, die den Vorraum vom eigentlichen OP-Trakt trennt. Natürlich beachtet keiner diese Tür.

Der erste Patient wird hereingeschoben und das mittlerweile eingespielte Team macht sich an die Arbeit. Der Patient mit der chronische Wunde soll nun eine Deckung mit einer sogenannten Spalthaut erhalten. Diese noch nicht erwähnte Technik ermöglicht es, größeres Defekte zu decken. Die Arbeit geht zwar gut voran, braucht jedoch seine Zeit. Schließlich ist der Eingriff beendet und im Pausenraum erwartet die Operateure – oh Wunder – wieder eine kleine Leckerei.

Danach wird noch ein Patient mit einem Tumor an der Schulter und verbrannten Fingern operiert. Zum Teil wird, um etwas Zeit zu sparen in beiden Opsälen gearbeitet. Frank, der im zweiten Saal operiert, fühlt sich dabei wie ein Kellerkind, ist doch selbst die riesige OP-Lampe nicht heller als eine Berliner Straßenlampe in den 30iger Jahren (zur Zeit wird abends Volker Kutscher gelesen); doch es gelingt. Auch die Verbände stellen keine großen Probleme dar und alle könne schließlich zum Mittagessen gehen

Nach dem Mittagessen geht es weiter mit dem Programm. Auf dem Plan stehen noch ein Tumor am Finger, eine weitere Verbrennung und zwei andere Patienten. Das Team schon mit ersten Zeichen der Wehmut, weil dies der vorletzte OP-Tag ist, denkt daran, abends in die Stadt zu fahren, um Schals oder Stoffe für die Lieben zu Hause zu kaufen. Dies bekommt Dr. Lilly mit und möchte gerne das Team begleiten. Und so finden sich alle nach der Arbeit vor dem Haus beim Fahrer ein, und los gehts in die stinkende, überfüllte, staubige Stadt, in der es wie in einem Ameisenhaufen nur so wimmelt. Auf den Strassen laufen alle – egal ob Mensch, ob Tier – kreuz und quer. Und auch Autos, Rikschas, geschobene Karren und LKWs ergänzen das Chaos ganz hervorragend. Auf diesen Strassen kann man nicht selbst fahren, wird mehrmals festgestellt.

Angekommen beim altbekannten Tuchhändler zeigt dieser einige Schals, Die meisten Farben entsprechen jedoch nicht den Wünschen der Daheimgebliebenen, sodass nur einige Gefallen finden und den Besitzer wechseln. Allein die ganzen Stoffe und Farben in diesem Geschäft jedoch lohnen den Besuch.

Weiter geht es zu dem Geldautomaten, denn so langsam muss daran gedacht werden, Geld abzuheben, um die Kosten für den Einsatz in Katra zu bezahlen. Als Albrecht und Frank von dem sehr geschlauchten Geldautomaten zum Auto zurückkommen, sitzen Petra und Dr. Lilly bereits in einem Restaurant, in dem Dr. Lilly zu einem kleinem Imbiss einlädt. Zusätzlich verwöhnt sie Petra und Frank später mit leckeren aber zahnziehenden Köstlichkeiten für die Heimat.

Auf dem Rückweg wird es dann doch noch interessant. Es geht zunächst nicht vorwärts. Neugierig recken sich die Hälse nach vorne. In der Ferne sehen befindet sich ein Lichterzirkus begleitet von feierlich-fröhlicher Musik. Der Wagen arbeitet sich nur langsam an das Ereignis heran. Dort angekommen zeigt sich, dass ein prächtig gekleideter Mann auf einem von einem Pferd gezogenen Wagen sitzt und vor ihm viele feierlich gekleideten Personen sind. Frauen tragen beleuchtete Verzierungen an langen Stangen auf dem Kopf, Musiker trompeten, was das Zeug hält. Dieser Tross, so erklärt Dr-Lilly ist Teil einer Hochzeit. Der prächtige Mann ist der Ehemann, der zum Hochzeitsort gebracht wird, wo schon die Braut wartet. Was für ein Schauspiel!

Nach der Rückkehr trennen sich die Gefährten und begeben sich – schon etwas mehr melancholisch in Erwartung des letzten OP-Tages ins Bett.

Katra, 18.2.2019

Nach der geradezu luxuriösen Dusche im Ressort am Samstag mit aus einem Duschkopf kommenden warm und kalt gemischten Wasser, stellt sich heute morgen die Routine ein und nehmen knieend mit dem Eimer vorlieb.

Auf der Stationsrunde sind alle frohgelaunt, jedoch wird die Liste derer, die nun endlich einen Verbandswechsel benötigten, länger und länger.

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Visite

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Visite. Das Kind muss muss an der Wand Übungen mit dem operierten Arm machen.

Im Op angekommen geht es auch gleich mit einem kleinen Mädchen los, das eine sogenannten Naevuszellnaevus auf der Nase hat. Diese, auch mal zur Bösartigkeit neigende Hautveränderung entstellt die Patientin doch sehr. Der Plan sieht vor, sie zu entfernen und Haut vom Hals dort hin zu transplantieren. Soweit so gut. Doch hier ergäbe sich ein deutlicher Farbunterschied zur restlichen Haus der Nase wird enttäuscht festgestellt. Dies wäre kein gutes Ergebnis, muss die arme Maus doch Ihr Leben lang damit herumlaufen. Tja, nun wird es etwas schwieriger. Schließlich fällt der Entschluss, ein Stück Haut von hinter dem rechten Ohr zu gewinnen. Dies ist aufwendiger zu operieren, sorgt aber für ein sehr viel besseres Ergebnis. So lernen die nicht so erfahrenen Mitstreiter Petra und Frank denn auch ganz schnell, dass zu verpflanzende Haut nicht weit von der zu deckende Wunde (zumindest bei so exponierten Stellen wie das Gesicht) entfernt entnommen werden soll. Das Endergebnis kann sich dann allerdings sehen lassen.

Diese Thema führt nun zu einem kleinem Exkurs der Deckung von Hautdefekten, auch wenn es sich hier nicht um eine Verbrennungsfolge handelt.

Durch Verbrennungen entstehen narbige Verkürzungen der Haut wie schon zuvor erwähnt. Wenn nun diese Verkürzungen operativ behandelt werden sollen, damit z. B. ein Gelenk wieder frei beweglich ist, entstehen Hautdefekte, die gedeckt werden müssen. Hierzu wird zunächst versucht, mittels Lappenplastiken durch geschicktes Schneiden und Verschieben der Haut eine gewissen Fläche zu decken. Die bekannteste ist die Z-Plastik. Reichen diese Techniken nicht aus, muss Haut von anderer Stelle gewonnen und eingepflanzt werden. Meistens wird die Haut aus der Leiste entnommen. Die dann neu entstehenden Defekte an der Entnahmestelle sind dann meist gut verschließbar, da die Leiste rechte elastische Haut bietet.

Hier eine Darstellung einer Z–Plastik. Durch die Verlagerung der Punkte A und B kann eine längere Fläche überbrückt werden. Links die Schnittführung der Haut, rechts das Ergebnis.

Doch währende diese Erklärungen hier erfolgen, finden sich zahlreiche Patienten im Verbandsraum ein und unter zum Teil erneuten lautstarken Protesten einiger jungen Patienten werden von Albrecht die Verbände routiniert gewechselt. Die meisten Wunden sind unproblematisch. Insgesamt zeigen sich gute Ergebnisse. Währenddessen setzt Frank das eben beschriebene in einer OP um, sodass schließlich alle pünktlich zum Mittagessen gehen könne.

Weg durch das Krankenhaus

Zuvor jedoch erfolgt noch die Beratung bei einem neuen Patienten, dessen Eltern doch recht betucht aussehen und so gar nicht in diese Umfeld passen. Aufgrund der Tatsache, dass wir schon bald abreisen, entschliesst sich die Familie, die Op woanders durchführen zu lassen.

Mit neu vorgestelltem Patienten

Am Nachmittag werden nochmals drei Patienten operiert und so schließlich – diesmal pünktlich die Abendvisite von Petra und Albrecht durchgeführt.

Auf Visite mit Geschenk….

Die Überraschung ist groß, als eine Krankenschwester Albrecht gegenübertritt und eröffnet, dass er sie vor fünf Jahren an einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte operierte. Der jungen Dame kann die Operation in ihrem Gesicht kaum angesehen werden, stellt Albrecht höchsterfreut fest.


Von Albrecht vor 5 Jahren operierte Patientin

Noch ein kleiner Abstecher führt die beiden in die Apotheke. Auch dort wird man freudig empfangen und herumgeführt.

Apotheke

Schließlich kommen alle zu Abendessen zusammen und ein buntes Gespräch entwickelt sich, bei dem wie jeden Abend die Anzahl der operierten Patienten durch unsere Gastgeber nachgefragt wird. Kontrolle muss schließlich sein. Der Abend klingt dann schließlich entspannt aus, wobei Frank von Saritha wiederholt ermahnt werden muss, ihr den OP-Plan doch zuzuschicken.

Katra, Samstag und Sonntag, den 16. und 17.2019

Samstag morgen beginnt mit einem etwas späteren Frühstück als in der Woche. Dann zieht es das Team auf die Station, um die Visite durchzuführen, welche unterbrochen von vielen Fotos und Selfies ohne Besonderheiten erfolgt. Petra hängt angesichts ihrer Tätigkeit als Geschenkeverteilerin immer etwas hinterher.

Petra beim Verteilen von Geschenken

Auch ihr liebes Wesen sorgt immer wieder dafür, dass sie in kurze Plaudereien verwickelt wird. Schließlich gelingt es doch, sich den Weg bis in den Verbandsraum zu bahnen, worauf auch sofort ein Schwarm von Patienten herbei gebracht wird. Der Verbandsraum, indem die Patienten nun behandelt werden, hat im Laufe der Zeit auch seine Entwicklung – wie so vieles durchgemacht. Zwar ist die Einrichtung noch ähnlich wie vor Jahren, jedoch wirkt nun alles sauberer und das Tuch auf der Trage ist gewaschen.

Nachdem die Arbeit getan ist, kann das Team nun langsam das Wochenende beginnen, indem Mandla Downtown mit dem Ziel, ein Paar Briefe zu verschicken, ein Besuch abgestattet wird. Wohl gelingt es Albrecht mit Leichtigkeit, sein Team sicher durch den Markt mit all seinen wunderbaren Ständen und unappetitlichen Abwasserkänälen zu bugsieren sowie Zahnpasta zu ersteigen. Hingegen gestaltet sich das Verschicken der Briefe als nahezu unmöglich, da man am Postamt eine Zollbescheinigung für die Briefe haben möchte und noch schlimmeres vermutet. Schließlich wird ein Preis genannt, der nicht annehmbar ist, sodass Vater Varghese gefragt werden soll, ob er sich um die Briefe kümmern kann.

Markt in Mandla
Markt in Mandla
Tut-Tuk

Nach der Rückkehr im klassischen, wahrscheinlich völlig überbezahlten Tuk–Tuk brechen alle inklusive Vater Varghese am Nachmittag in Richtung Kanha National Park auf, wo man in einer Lodge untergebracht abends und auch morgens eine Fahrt auf einem Jeep durch den Dschungel erlebt. Der Dschungel mit all seiner tollen Vegetationen und Tieren ist eine sehre schöne Erfahrung. Und Frank betont, wie schön es ist, mit netten Menschen so etwas zu erfahren. Den Tiger allerdings, der eine der großen Attraktionen ist, bekommt man nicht zu Gesicht. Wahrscheinlich weiss dieser nicht um seine Prominenz.

Kanha National Park

Trotzdem ist die Zeit und die Erholung ausreichend, um dann Sonntag Abend eine Visite durchzuführen. Die diensthabende Krankenschwester wird nach Problemen befragt und gibt bedrückt wirkend angesichts mangelnder Englischkenntnisse zur Antwort, dass eine „Cleft Lip open“ sei. Schon erschreckt besteht die Sorge, dass sich die Nähte einer Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte geöffnet habe und damit das Operationsergebnis in Gefahr ist. Daher werden schnell alle Patienten angeschaut. Bei dem infrage kommenden Patienten allerdings zeigt sich lediglich ein abgelöstes Pflaster, sodass die Erleichterung groß ist.

Auf dem Rückweg wird noch kurz die Schlafstätte der Angehörigen der Patienten besucht. Hierbei handelt es sich um eine einfache Plattform unter einem offenen Dach, an der an einer Längsseite Verschläge zum Verbleib persönlicher Dinge aufgereiht sind. An der anderen Längsseite kann entlang eines kleinen Mäuerchen gekocht werden – natürlich bei offenem Feuer.

Hier wird für Patienten durch versorgende Angehörige gekocht!
Angehörige, die für Patienten kochen

Hernach kann dann nach dem schon üblichen Ritual am Folgetag mit Volldampf die kommende Woche begonnen werden.

Katra, 15.2.2019

Hygiene & Infektionen

Eine gute Freundin fragte mich per WhatsApp: „Wie kann das bei den hygienischen Bedingungen funktionieren?“

Nun, es geht. Albrecht meint immer, unter den gegebenen Bedingungen heilen die Wunden sehr gut. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Menschen hier grundsätzlich eine anderen Kontakt zu Ihrer Umwelt haben und damit insgesamt robuster und immunkompetenter sind. Vielleicht ist einiges auch nicht so notwendig, wie es bei uns betrieben wird. Genau sagen können wir es nicht. Wir führen regelmäßig postoperative Visiten und Verbandswechsel durch, sodass wir unsere Operationen bis zum Zeitpunkt unserer Abreise kontrollieren. Natürlich sehen wir einige Infektionen und Komplikationen. Letztlich sind wir aber der Meinung, dass die Rate problematischer Wunden hier erstaunlich gering ist.

Aber hier einmal die Beschreibung der hygienischen Situation im OP:

Die Stationen und der OP-Trakt machen einen sauberen, wenn auch überalterten und einfachen Eindruck. Viele Geräte sollten besser entsorgt werden und würden bei uns nie eine Abnahme erhalten. Stromkabel liegen häufig offen. Aber – typisch indisch wird alles verwertet und repariert. Häufig wird auch improvisiert. Trotzdem fühlen wir uns wohl und ekeln uns nicht.

Die Betreuung auf der Station ist minimal; die Patienten sind eigentlich in einer Klasse der Krankenpflegeschule auf doch schon moderneren Matratzen untergebracht. Verpflegung erhalten Patienten von ihren Angehörigen (später gibt es dazu noch ein Bild).

Wirklich beeindruckend ist die Prozedur des Desinfizierens vor einer Operation. In diesem doch sehr einfachen Waschraum , wäscht sich der Operateur mit einer speziellen Seife die Hände und Arme und erhält im Op einen Spritzer Alkohol (sogenannter „Spirit“) zum Desinfizieren der Hände. Sodann wird der Stoffkittel angezogen, der an den Händen zugebunden wird und natürlich nicht wasserdicht ist. Patienten werden ordentlich im OP-Gebiet desinfiziert und auch mit Stoff abgedeckt. Nebenbei sei bemerkt, dass seit circa 2008 Stoffabdeckungen in Deutschland nicht mehr erlaubt sind!

Die Instrumente kommen aus der Sterilisation (ja diese Dampfmaschine auf dem Foto) und werden nach einem Einsatz anschließend aufbereitet und in einem heissen Wasserbad gelagert.

Insgesamt also finden wir hier einigermassen hygienische Verhältnisse vor, die aber nie und nimmer an unsere westlichen Standards heranreichen. Daher ist für alle eine konsequente Hygienedisziplin notwendig.

Und doch heilen die meisten Wunden und die Patienten sind zufrieden.

Sterilisation
Heisses Wasserbad zu Aufbewahrung der Instrumente

Aber zurück zu unserem Tagesablauf am Freitag. Nachdem Frank morgens freudestrahlend verkündet, er habe gegen sechs Uhr bemerkt, dass sein Schlafstörungen weniger werden, finden sich alle am Frühstückstisch ein. Heute serviert Lata leckeren Reisfladen mit einer köstlichen Sauce und schafft es, alle erneut zu überraschen.

Der zumindest für einen Teil des Teams unverständliche Redeschwall des Gastgebers, dreht sich offensichtlich um die neu eingeführte Krankenversicherung für mehr als 500 Millionen arme Menschen dieses Landes. Während alle wahlweise Tee oder löslichen Kaffe trinken und Latas legendäres Spiegelei mit Speck essen, vergeht so die Zeit und man kommt beinahe zu spät.

Doch die Stationsrunde zeigt erneut erfreulich wenige Probleme, hier und da werden mit den kleinen Patienten Späße gemacht werden.

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Auf Visite

So, nun kann zügig die erste Op beginnen. Es handelt sich um einen kleinen Jungen mit einer Verschmelzung der Haut zwischen dem zweiten und bis einschließlich dem fünften Finger (Löffelhand). Sieht doch gar nicht aufwendig aus, denkt sich Frank und wird nach vier Stunden Op–Zeit eines Besseren belehrt.

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Löffelhand mit angezeichneter Schnittführung

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Löffelhand am Ende der OP

Das Trennen der Finger ist schon nicht ganz einfach, aber die dann entstandenen Hautdefekte wollen mit einem Hauttransplantation aus der Leiste gedeckt werden. Albrecht benutzt für diese Arbeit zusätzlich eine spezielle Stirnlampe mit leistungsfähigem Akku, die angesichts des sich ankündigen Gewitters auch bei – hier nicht so seltenem Stromausfall ein sicheres und unabhängiges Weiterarbeiten ermöglicht. Insgesamt also eine Sisyphusarbeit, an deren Ende auch schon das Mittagessen steht.

Um dennoch etwas effektiver zu sein, begibt sich Frank schon einmal an die Verbandswechsel. Diese werde ja praktischerweise direkt im Vorraum des OPs durchgeführt. Doch schon der erste kleine Patient macht deutlich klar, dass man über den Wechsel des Verbandes geteilter Meinung sein kann und erfüllt den Op mit seinen lautstarken Protesten, auch wenn noch keiner den Verband berührt hat. Doch nach wenigen Minuten kann die OP–Wunde inspiziert und bei gutem Zustand wieder abgedeckt werden.

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Erster Verbandswechsel

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Vater Varghese in seinem Garten

Nach dem erneut sehr leckeren und unterhalsamen Mittagessen wagt Frank eine Ausflug in den Garten des Hause und wird dort von Vater Varghese  herumgeführt. Eine Sorte die Spinat ähnelt? Nur in rot? noch nie gehört!

Das Nachmittagsprogramm wird gefüllt mit drei Patienten mit Tumoren, Fehlbildungen und Verbrennungen. Und ach ja, da gibt es ja noch diesen Patienten mit der chronischen Wunde, die mittlerweile sehr gut aussieht. Daher muss bei dem Fall noch eine operative Deckung mit Spalthaut erfolgen. Die Frage nach dem wann ist schwierig, gibts doch eigentlich keine OP–Kapazität mehr! Doch, da, am nächsten Dienstag besteht noch eine Möglichkeit! Und so wird er für diesen Tag geplant.

 

Patientin, die geduldig auf ihre Operation wartet

Schließlich geht Frank noch auf die Abendvisite und kann bei dem sich anschließenden Mahl berichten, dass es keine Probleme gab.

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Abendvisite

Der Abend wird nun mit einem Bier, einer Zigarre und Erzählungen aus Albrechts Erfahrungen in Indien in den letzten 20 Jahren beendet.

Am kommenden Samstag wird das Team die Visite und  alle Verbandswechsel durchführen und sich dann nach einem Besuch im hiesigen Konvent ab dem Nachmittag zu einem Ausflug in den Kanha National Park begeben. Daher kommt der nächste Bericht wohl erst Montag!

Katra, 14.2.2019

Mücken!

Ein Problem, dem sich die diversen Teams in den Vorjahren nicht stellen mussten, kündigt sich nun an. Da die Temperaturen tagsüber schon recht mild sind, werden doch einige Mücken gesichtet, die ihre Luftattacken durchführen. Der schon zuvor willkommen geheißene Gecko versagt leider auf ganzer Linie. Nur gut, dass es noch nicht so viele sind. Dennoch wird man morgens nicht nur von Lata und unserem Gastgeber freudig begrüßt.

Nun, nachdem schon üblichen Frühstück geht es wieder auf die Stationsrunde, vorbei an auf einer Wäscheleine aufgehängten Op-Wäsche, welche in westliche Gefilden ohnehin nur aus Einmalmaterial bestehen.

Patient mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte am ersten postoperativen Tag

Albrecht prüft Verbände, schaut in Rachen und diskutiert mit den diensthabenden Krankenschwestern das Vorgehen bei den Patienten. Die Stimmung ist gut, es gibt viele lachende Gesichter und so zieht man motiviert in den Op.

Dort angekommen geht es auch gleich mit einem weiteren Patienten mit einer Lippen–Kiefer–Gaumen–Spalte los (Nicht auf dem Foto). Die Rekonstruktion gelingt gut, auch wenn sich dieser Fall etwas komplizierter als der gestrige darstellt.

Plötzlich steht einer der hier residierenden Geistlichen in voller Montur mitten im Operationssaal, weil er Albrechts Künsten zuschauen will. Die eindringlichen Hinweise des aufmerksamen OP–Personals, dass hier ein Aufenthalt nur in OP-Kleidung gestattet sei, ruft bei ihm Unverständnis hervor und vermag ihn zunächst nicht dazu zu bewegen, den Op zu verlassen. Glücklicherweise lässt er sich dann doch eines besseren belehren und kommt mit einem OP-Kittel verkleidet wieder in den Saal. So wohnt er der Operation für einige Minuten bei.

Bevor es nach diesem Eingriff weitergeht, verkündet Saritha (Erratum: Sirata heißt Saritha!) lächelnd, dass drei neue Patienten angesehen werden sollen. Nach sorgfältiger Untersuchung muss jedoch nur eine Patientin tatsächlich operiert werden.

Auch stellt sich ein 10 Jahre alter Junge vor, den Albrecht vor Jahren an einer Lippen-Kiefer-Gaumespalte operierte. Eltern und der Patient sind selbst zufrieden. Allerdings gibt es noch ein Problem, sodass das Sprechen erschwert ist. Die somit notwendige weitere Operation muss aufgrund der jetzt schon bestehenden Fülle des OP-Programmes für nächstes Jahr geplant werden.

Aber wo man gerade ohnehin schon dabei sei, könne auch noch der fünfte Patient im Vorraum des OPs angeschaut werden. Dieser Patient allerdings hat eine frische, ausgedehnte massiv infizierte Verletzung am rechten Arm, welche er sich zuzog, als der Arm bei einer Autofahrt aus dem Fenster gehalten wurde und mit etwas anderem kollidierte. Allein das Abnehmen des Verbandes ist für ihn schon eine schreckliche Qual. Nach genauer Inspektion fällt schnell die Entscheidung, dass die Wunde Im OP versorgt werden muss, sodass diese bis zur Operation am Folgetag verbunden werden soll. Der Verband ist fast fertig und der Patient schon erleichtert, als plötzlich auffällt, dass das Ellenbogengelenk betroffen und infiziert ist.

Dies ändert die Situation vollkommen!

Ein offenes, infiziertes Gelenk bedarf einer speziellen unfallchirurgischen Behandlung konstatierten Albrecht und Frank erschüttert! Damit kann er in Katra nicht versorgt werden und muss in ein spezielles Zentrum, dass es erst in Jabalpur gibt (Wir erinnern uns: Das Team brauchte von Jabalpur bis Katra zwei einhalb Stunden im Jeep) gebracht werden. Eindringlichst wird dem Patienten in alle zur Verfügung stehenden Sprachen und Gesten erklärt, dass er dort hin müsse, da sonst der Arm verloren sei. Die Erfahrung jedoch zeigt, dass Patienten solche Empfehlungen häufig nicht folgen.

Der zuvor eiligst geänderte Opplan muss nun wieder umgeschrieben werden. Da immer wieder Patienten zu spät, zu früh oder gar nicht kommen, andere wiederum Fieber haben oder sogar nicht verstanden haben, wann sie operiert werden sollen, ist dies mittlerweile ein Teil der täglichen Routine geworden.

Ein weiterer Patient mit einem Problem in der linken Leiste wird begutachtet und kann noch – im Gegensatz zu dem zuvor erwähnten Jungen im OP-Plan untergebracht werden, da dieser Eingriff nicht so lange dauern wird.

Während Petra und Albrecht weiter operieren, kümmert Frank sich um einen Verband. Zu diesem Zweck schieben fleißige Schwestern eine Patientin in einen Vorraum des OPs und Frank macht sich an die Arbeit, die Wunde zu begutachten. Am ersten Tag ist sicherlich noch kein Wundinfekt zu erwarten. Da sie aber beim Zunähen unter Spannung stand, wird sie kritisch beäugt und schließlich für gut befunden.

Plötzlich kommt Dr. Lilly in den Pausenraum und verkündet, dass Dr. Rowina (ihres Zeichens Gynäkologin im Krankenhaus) eine kleine Aufmerksamkeit für alle zubereitet habe. Pakooda nennt sich die Köstlichkeit, der Albrecht und Frank sofort verfallen sind und damit das Mittagessen quasi vorweg nehmen.

Dr. Lilly kommt mit Pakkooda

Nun wird noch zügig ein Patient mit überschießender Wundheilung (Kelloid) behandelt und gleichzeitig eine 30 jährige Frau mit einer narbige Verbrennung in der Nähe des linken Auges operiert. Durch den Narbenzug kann es nicht mehr geschlossen werden. Der fehlende Lidschluss kann zu einer dauerhaften Schädigung des Sehorgans führen! Daher ist hier dringend Abhilfe geboten, welche auch gelingt.

Trotz eines gewissen Sättiungsgrades geht es schließlich zum Mittagessen. Doch vor der Nahrungsaufnahme dürfen wir noch den Erfahrungen unseres Gastgebers mit unappetitlichen Wunden in nahezu unverständlichen Englisch lauschen, was vielleicht auch besser so ist. Aber auch in Sachen medizinischen Behandlung ist Vater Varghese sehr bewandert. So beherbergt er eine Pflanze in seinem Garten, deren Blüten in geriebenen Zustand dafür sorgen sollen, dass Epileptiker im Anfall zügig aufwachen. „Zitat“ nennt sich die Pflanze und wird von allen ehrfurchtsvoll betrachtet. Petras Vorschlag, das Medikament bei Studenten, die im Op kollabieren, zu benutzen, wird mit Interesse aufgenommen.

Eine Delikatesse bei den Mahlzeiten, die nicht unerwähnt bleiben darf, sind kleine Bananen, die im eigenen Garten angebaut und als Nachspeise gereicht werden. Köstlich!

Bananen aus dem eigenen Garten

Nachmittags steht eine Patientin mit einem verdächtigen Knoten in der Brust auf dem Plan und danach – wieder parallel – ein Patient mit einem Tumor am Bein und einer mit einer Doppelanlage einer kleinen Zehe. Dies – so mag man urteilen – ist doch nicht so schlimm. Jedoch erschweren solche Behinderungen das Tragen normaler Schuhe oder sorgen dafür, dass Patienten ständig hängen bleiben. Und so geht es wie beim Brötchenbacken voran. Zwischenzeitlich finden sich immer wieder neugierige Schwesternschülerinnen ein und schauen zu.

Neugierige Schwesternschülerinnen

Nach getaner Arbeit und abgeschlossener Stationsrunde, die immer ausgedehnter wird, weil sich der Schlafsaal füllt, treffen Petra und Albrecht auf den Apotheker, der freudig seine neuesten technischen Errungenschaften in Form eines Analysers in seinem Labor präsentiert. Überhaupt sieht man im Krankenhaus an vielen Stellen, dass der Fortschritt nicht aufzuhalten ist. So gibt es im Op seit neustem hochmoderne Lampen, wo vor Jahren noch funzelartige Lampen aufgestellt wurden und bei – damals häufigem Stromausfall auch mal mit der Taschenlampe geleuchtet wurde.

Neue OP-Leuchten!

Schließlich geht es zum Abendessen und später in Vorfreude auf das kommende Wochenende ins Bett, diesmal nur mit der nun schon altvertrauten Musik im Hintergrund.

Katra, 13.2.2019

Der Morgen beginnt für Frank mit einem wunderbaren Ausblick in den Garten des Pfarrhauses, über den sich gerade ein diesiger Schleier in der Morgendämmerung erhebt. Man möchte meinen, dass Balu der Bär und Baghira der Panther aus Kippling’s Dschungelbuch um die Bananenbäume schleichen. Untermalt wird der Anblick der Blumenpracht von leisen rhythmischen Klängen und singenden Stimmen aus der Ferne. Da eine Hochzeit um diese Uhrzeit unwahrscheinlich ist, wird es sich hierbei wohl um die Anbeter des hiesigen Wassergottes handeln.

Doch genug der Schwärmerei. Die Arbeit ruft. Nach einem unterhaltsamen Frühstück, das abrupt durch Petra mit dem Hinweis auf die fortgeschrittene Zeit beendet wird, spricht unser Gastgeber – etwas irritiert das Schlussgebet.

Auf einer ausführlichen und unproblematischen Stationsvisite werden Verbände begutachtet, Fragen bezüglich der Schmerzen beantwortet und Patienten kritisch beäugt. Von der universellen Gestensprache wird fleißig Gebrauch gemacht.

Nur wenig später erwartet uns auch schon der erste schlafende Patient mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Hierbei handelt es sich um einen fehlenden Schluss des Oberkiefers mit der Folge, dass je nach Ausprägung ein Defekt im Bereich des Gaumens besteht und somit eine Verbindung zwischen Nasen– und Rachenraum für viele Probleme sorgt. Abgesehen von Atembeschwerden können die jungen Patienten mitunter nicht richtig schlucken und haben Sprechschwierigkeiten. Gerade bei den kleinen Kindern ist die Ernährung erheblich erschwert.

Die Schnittführung hierbei ist recht kompliziert und erfordert höchste Konzentration seitens der Operateure. Immer wieder muss geprüft werden, ob nicht doch ein Schnitt noch angepasst werden muss. Albrecht war da sehr kritisch. Doch der Einsatz lohnt sich und der junge Mann kann sich mit dem Ergebnis später sicherlich sehen lassen und sich problemlos ernähren.

Aber ohne die großartige Unterstützung der Schwestern, Dr. Lilly und anderen Helfern im Op wäre diese Arbeit gar nicht denkbar. Unermüdlich sind alle bemüht, zu helfen, Extremitäten zum Abwaschen zu halten und hier und da zu besorgen. Da die sprachliche Kommunikation nur sehr rudimentär ist und auch Englisch nur bedingt weiterhilft, werden Wünsche nicht selten von den Augen abgelesen oder an Gestiken erkannt. Arbeitszeiten scheinen hier kein Thema zu sein. Es wird bis zum Ende gearbeitet. Die sehr interessierte Ordensschwester Sirata kümmerst sich dann auch regelmäßig mit Frank um den OP Plan, da ständig Patienten verschoben werden müssen und Frank Korrekturen aushalten muss (Organisationsschwächen vom Ankunftstag). Warum sollte es auch anders als zu Hause sein?

Op–Management Sirata und Frank

Liebevoll gebackenes Bananenbrot – in diesem Fall von Dr. Lilly und andere Köstlichkeiten versüßen dem Team die Pausen.

Der zweite Patient heute ist eine junges Kind von fünf Jahren mit ausgedehnten Verbrennungen an Auge, Ellenbogen und Finger. Flux machen sich alle schon einigermaßen eingespielt ans Werk, sodass schon nach kurzer Zeit schöne Erfolge zu sehen sind. Eine mögliche längere Mittagspause mit der Aussicht auf eine kleine Spritztour nach Mandla im Sinn (Albrechts Haare gehen gar nicht mehr, wie der aufmerksame Betrachter der Fotos sicherlich schon festgestellt hat), freut sich das Team bereits, als vor der OP Tür die nächste kleine Patientin uns mit ihren großen schönen braunen Augen verkündet, dass es für alle erstmal weitergeht. Sirata hat hier das Ruder übernommen!

Trotzdem wird man pünktlich fertig, Frank mit seinen Schlafstörungen muss eine Stunde Schlaf nachholen und nach dem späten Mittagessen wird noch ein komplizierter Fall mit narbigen Verkürzungen im Handbereich operiert. Die Arbeit wird erneut aufgeteilt und kann so zügig erledigt werden.

Am späten Nachmittags kann dann der ausgefallene Plan vom Vormittag umgesetzt werden, sodass Albrecht seinen Haarschnitt bekommt und Petra frisiert wird. Frank erhält aus Versehen aufgrund sprachlicher Unzulänglichkeiten statt einer Kopf– eine normale Ganzkörpermassage und fühlt sich hernach wie eine Ölsardine. Nach geschätzten 25000 Selfies mit allen möglichen Mitarbeitern dürfen wir schließlich den Friseursalon verlassen.


Die vor dem späten Abendessen stattfindende Stationsvisite zeigt, dass es allen operierten Patienten gut geht. Kleine Patienten bekommen Geschenke und alle sind zufrieden.

Auch wenn noch genug Patienten operiert werden müssen, stellen sich noch einmal zwei Patienten mit der Frage der Operation bei Narbenkontrakturen vor. Da jedoch keine funktionell wirksamen Probleme sondern kosmetische störende Narben vorliegen, wird solch eine Operation kategorisch abgelehnt.

Auf Visite

Abendvisite

Nach getaner Arbeit und Abendessen schlafen schließlich alle begleitet von doch recht lauter Musik einer nahen Hochzeit ein.

Katra, Dienstag, 12.2.2019

Nach den Anstrengungen des Vortages liegt Albrecht noch komatös im Bett, während Frank sich langsam aus dem Schlafsack schält, um dann festzustellen, dass es in Indien um diese Jahreszeit kälter als zuvor erwartet und die aktuelle Kleidung noch nicht optimal angepasst ist. Statt der erwarteten 6 Grad bleibt das Thermometer bei 3 Grad stehen. Damit erklärt sich auch die indische Art, mit Jacken am Frühstückstisch zu sitzen.

Schließlich sind beide wach und müssen sich den Herausforderungen des Duschens stellen. In den Vorjahren wurden die Männer jeweils im Zimmer mit der Tauchsieder–Dusche untergebracht (Anleitung siehe alte Berichte). Diesmal befindet sich im Bad ein Wassererhitzer. Freudig wird festgestellt, dass hier warmes Wasser aus der Leitung kommt. Die Technik des Duschens ist dann jedoch die gleiche. Wasser in den großen Eimer gegossen und mit dem Kleinen gießt man sich dasselbige über den knienden Körper. Erfrischend!

Bad mit indischer Dusche (kleiner und großer Eimer)

Zum Frühstück gibt das das legendäre Ei mit Speck von Lata und die typische Orangenmarmelade, sowie wahlweise Tee oder löslichen Kaffee.

Nach letzten Vorbereitungen findet sich die Mannschaft schließlich im Op ein und beginnt den ersten Arbeitstag. Hier trifft es auf viele neue Gesichter und motivierte Mitarbeiter aus dem Krankenhaus.

Auf dem Programm stehen Verbrennungen an der Hand eines Kindes, am Bein eines jungen Erwachsenen sowie ein verbranntes Augenlid bei einem jungen Mann. Das Hauptproblem dieser Folgezustände nach Verbrennungen ist die ungenügende Versorgung der frischen Verbrennungen. Dieses führt vielfach zu Kontrakuren der Gelenke. Damit werden Arme, Beine und Finger für die tägliche Arbeit und den Geldwerb unbrauchbar. Da insbesondere Kinder häufig in der Nähe von Kerosinkochern oder offenem Feuer spielen, sehen wir viele Kinder mit verbrannten Händen. Die Operationen verlaufen alle erfolgreich. Als Petra und Albrecht die dritte Op durchführen, versucht Frank das Chaos vom Vortag im OP-Plan aufzuräumen. Währnd eines kurzen Ausflugs ins Schlafzimmer erwischt Frank einen Gecko in der Toilette und erschrickt genauso wie der Gecko. Beide kommen aber zu dem Schluss, dass Frank die größere Bedrohung darstellt und das Tier sucht hinter dem Toilettenkasten Schutz. Zurück im Op möchte Frank die anderen warnen, ruft aber große Freude hervor, da die Tiere Mücken fern halten sollen.

Nach sortiertem Plan und der letzten Operation geht es erstmal wieder zum Mittagessen an den Tisch des Pfarrers.

Der Nachmittag bringt erneut erschütternde Fälle von Verbrennungen, die sorgfältig abgearbeitet werden. Plötzlich tauchen im Waschraum der Operateure ein Rudel von interessierten Schwesternschülerinnen auf, die durch die Fensterscheibe den Fortgang der Operation verfolgen. Frank fühlt sich berufen, den jungen, charmanten Damen einen Vortrag über die Operation zu halten, nicht wissend wieviel sie von seinem Englisch verstehen. Trotzdem wird fleißig in indischer Manier mit dem Kopf gewackelt.

Zum Ende der Letzten Operation schenkt Albrecht Dr. Lilly ein nagelneues Thermometer. Gemeinsam finden Sie die Funktionsweise heraus.

Immer wieder begeistert uns die Tatsache, dass dieses Krankenhaus irgendwo zwischen 50’Jahre und Moderene hängt. So gibt es im Op zwar brandneue Lampen. Gleichzeitig steht ein Ventilator sowie ein altes Heizöfchen bereit, um das entsprechende Klima herzustellen.

Im Anschluss an die OPs muss noch schnell die postoperative Visite durchgeführt werden. Die Überraschung ist groß, als wir zwar die altvertrauten Säle vorfinden, in denen die Patienten untergebracht sind, diese jedoch mit neuen Betten und Matratzen ausgestattet sind. Der Fortschritt geht auch hier voran!

Auch neue Patienten, die morgen zur Operation anstehen, werden schon einmal begrüßt.

Kind mit Lippen–Kiefer–Gaumenspalte

Nach Beendigung der Arbeit geht es schließlich zurück zum Abendessen. Erneut werden die größten Köstlichkeiten aufgetischt.

Ein nettes Gespräch mit den anwesenden Geistlichen, deren genauen Inhalt nur Albrecht von uns versteht, sorgt für große Erheiterung und eine gute Stimmung, mit der wir schließlich unseren Abend beschließen und kurze Zeit später unser Schlafdefizit abarbeiten.

Es geht wieder los!

Liebe Freunde,

Es geht wieder nach Indien. Diesmal sind neben Dr. Albrecht Krause-Bergmann Petra Groß und Frank Fischer mit im Team, das ab Dienstag bis zum 22.2. Patienten im Katra Hospital, Madjha Pradesh operieren wird. Nachdem die Koffer am Freitag gepackt wurden, haben wir Samstag alles zum Flughafen gebracht, den Zoll als erste Anlaufstelle fest im Visier. In der Hoffnung die formale Angelegenheit der Ausfuhrgenehmigung schnell über die Bühne zu bringen, wurde der diensthabende Zollbeamte angerufen. Nach einigem Hin und Her fragte dieser schließlich, wie die Kollegen das Verfahren bei früheren Reisen durchführten, um sich dem Vorgehen anzuschliessen.

Dadurch gestaltete sich der Abflug von Münster nach Frankfurt am Sonntag morgen recht entspannt. Womit das Team jedoch nicht rechnete, waren die vielfältigen Kontrollen im Flughafen Frankfurt inklusive der Frage aufmerksamer und pflichtbewusster Beamten nach dem Visum, welches jedoch nur in Form einer E-Mail auf jedem Handy vorhanden war. Obwohl es nirgends stand, war ein Ausdruck gewünscht. Darauf hin schloss sich ein sorgfältiger Dokumentsprozess auf gutem alten Papier an, was das Team angesichts der dahinrennenden Zeit wieder etwas nervöser werden ließ. Dennoch wurde das Gate – inklusive Zigarrenkauf – just zum Zeitpunkt des Boardings erreicht. Der Flug gestaltete sich unterbrochen von ersten kulinarischen Eindrücken des zu bereisenden Landes in Form von Lufthansa Menüs und nicht stummfilmartigen Kinoerlebnissen an Board sehr angenehm. Mehr oder minder verschlafen landet das Team gegen 1:15 Uhr Ortszeit in Delhi und nach äußerst sorgfältigen Kontrollen erhalten schließlich alle das zuvor heiss ersehnte e-Visum in den Reisepass abgebildet.

Die sich nun anschließende Phase bis zum Anschlussflug nach Jabalpur um 9:55 Uhr wird mit Warten, Abhängen und dem Transfer zum Abflugterminal gefüllt. Augenscheinlich nette junge indische Herren wollen uns beim Transportieren des ca. 150 kg schweren Gepäckes helfen und sich anschließend selbstverständlich ordentlich entlohnen lassen. Petras gutes Herz sorgt dann schließlich dafür, dass sie ihr wohlverdientes Salär erhalten.

Nach der quasi durchgemachten Nacht besteigen wir überpünktlich den Spicejet-Flieger, um zwei Stunden später Jabalpur um keinen Deut erholter zu erreichen.

Begrüßung bei Bischof Almaida in Jabalpur

Freudig werden wir von Fr. Varghese erwartet und ins Haus des Bischofs gefahren, wo wir mit einem Blumenkranz und indischen Tüchern für jeden willkommen geheißen werden. Nach kurzer Erfrischung und etwas Smalltalk gibt es ein Mittagessen im Speisesaal mit verschiedenen Geistlichen, bei dem die hiesige (indische) Version der englischen Sprache den Reisenden akustisch alles abverlangt und doch viele Verständnisfragen hinterlässt. Das Essen besteht köstlichen Gemüse, dem obligaten Dal und Huhn und kleinen Würstchen.

Die sich an die kurze Rast anschließende Weiterfahrt nach Katra führt 2,5 Stunden über die Landstraße und wird von den Mitgliedern des Teams durch den sich mittlerweile einstellenden Erschöpfungsgrad nur abschnittsweise wahrgenommen. Die Strecke führt durch mit Menschen, Autos und Tieren verstopfte Bunte Straßen und ist zum Teil in sehr schlechtem Zustand — auch wenn wir die bessere Strasse genommen haben.

Dermaßen durchgeschüttelt und etwas müde gelangen wir nach Katra wo uns erneut ein Chor empfängt und wir gesegnet werden und wieder einen schönen Blumenkranz erhalten.

Schließlich geht es in leicht ausgelaugtem Zustand in die Ambulanz, denn die Patienten müssen noch gesehen und für die Ops eingeteilt werden. Nach einem weiteren Auftritt eines kleines Chor verschwinden wir im Untersuchungszimmer. Albrecht untersucht die Patienten, Frank versucht eine Art Opplan im Computer aufzustellen und Petras Aufgabe besteht in der Fotodokumentation. Die sich zeigenden Erkrankungen und Verbrennungen sorgen zum Teil für Mitleid aber auch Erschütterung. Nicht wenige Patienten müssen jedoch aufgrund der Komplexität der Erkrankungen abgewiesen werden.

Kurz vor der kompletten Erschöpfung aller endet schließlich der Patiententsrom und die Arbeit kann beendet werden,

Nach freudiger Begrüßung der altbekannten Haushälterin Lata schließt sich noch ein kurzes Abendessen an, dass wiederum aus den köstlichsten Speisen besteht.

Hernach können die Reisenden schließlich erschöpft in Ihre Betten fallen.

Anreise 06./07.02.2016

06.02.2016/ 07.02.2016

„Diesmal war ich zum Glück nicht im Haus, als er seine alljährliche „Reisepasskrise“ bekommen hat“, sagte seine Ehefrau. „Er“ ist „Dr.Albert“ (Dr. Albrecht Krause-Bergmann), wie er im Katra-Hospital genannt wird.

Er hatte den Pass, nachdem er das ganze Jahr über am gleichen Ort seinen Platz hatte, wieder kurz vor der Indienreise „an einen ganz besonders sicheren Ort“ gebracht und diesen dann leider selber…… vergessen.


Aber er wurde glücklicherweise gefunden und nachdem am Abend vor unserer Abreise Unmengen von Verbands-und Nahtmaterial, Op-Geräte der Klinik Hornheide, 10 Gläser selbstgekochte Marmelade, liebevoll gespendete Kinderkleidung und -spielzeug, sowie Fußbälle und eine Ballpumpe in 8 Koffer und Seesäcke verstaut worden waren, trafen wir (Albrecht Krause Bergmann, Peter Brenner, Marjan Seberich und Kim Lewerenz-Kemper) uns um 09.00 Uhr am anderen Morgen am Flughafen Münster-Osnabrück.

Problemlos konnten wir sowohl o.g. Koffer als auch teilweise sehr übergewichtiges Handgepäck (eine Mitreisende konnte sich nicht von von ihren Schokoladenvorräten trennen und hatte zudem noch Malutensilien eingepackt….) einchecken.

Mit ein paar mitgebrachten Blessuren (Albrecht hatte heftig „Schulter“, Peter Konjunktivitis beidseits, Kim Skidaumen ungeklärten Ausmasses, Marjan zu Glück topfit) ging es zuerst nach Frankfurt. Die multikulturelle Stimmung begeisterte uns, an unserem Gate roch es schon herrlich nach Curry.

Nach kurzem Aufenthalt ging es mittags mit einer A 380 weiter Richtung Delhi. Ankunft Ortszeit 01.30 Uhr (20.00 Uhr Deutschland).

Schon als wir aus dem Fenster unseres Flugzeuges schauten, konnten wir den unglaublichen Smog sehen und beim Aussteigen dann auch sehr deutlich riechen. Wie gut, dass das menschliche Riechorgan recht schnell adaptiert…

So reibungslos die Anreise bis dahin funktionierte; als wir „mal eben“ unsere e-Tourist-Visa auf Validität prüfen lassen wollte, dauerte dies fast 2 Stunden!

Unsere Hoffnung auf ein paar Stunden Schlaf im 2 Meilen entfernten Hotel – der Weiterflug nach Jabalpur war von 07.00 auf 10.30 Uhr verschoben worden – schwand mit jeder Minute müden „Schlange-stehens“.

Und auch nachdem wir endlich unsere sämtlichen Finger per Abdruck am Immigrationsschalter hinterlassen, ein erneutes „freundliches Foto“ von uns machen lassen und unsere Berge an Gebäck zurück hatten, war es nicht leicht, ein Taxi zu finden, dass 12 große Gepäckstücke und 4 Personen befördern konnte und wollte 🙂

Um 05.07 Uhr lagen wir dann in den Hotelbetten, um 07.15 trafen wir uns wieder um das Gepäck erneut im und auf dem Taxi zu verstauen: die Seesäcke wurden auf des Dach des Gefährtes geschmissen.

 

Mit einer Propellermaschine ging es dann um 11.00 Uhr nach Jabalpur, eine Stadt mit über 2 Millionen Einwohnern und einem dafür eher „puristisch-kleinem“ Flughafen.

Wir wurden von Father Abraham und 2 Fahrern am Flughafen abgeholt und schon bei der Begrüßung wurde deutlich, wie groß die Freude auf beiden Seiten ist, dass es dieses wunderbare Projekt „Surgery-in-Katra“ seit 14 (!!) Jahren gibt.

Auf dem Weg zum Katra Hospital – eine abenteuerliche Fahrt auf der wir sehr erschrocken waren, in welch desolatem Zustand die Strassen sind (Schlagloch an Schlagloch) und dass es die indischen Verkehrsteilnehmer (Autofahrer, mit bis zu 5 Personen besetzte Motorroller, bunte Busse, überladene LKW´s, überladene TukTuk`s, mit bis zu 3 Personen besetzte Fahrräder, Verkaufskarren-Schieber, Fußgänger…) nicht davon abhält, auf 2-spurigen Strassen zu viert nebeneinander zu fahren oder auch einfach mal zu beschliessen, dass man gerne rechts fahren möchte, obwohl eigentlich Linksverkehr gilt.

Wir machten einen Zwischenstop im Haus des Bischof Almeida in Jabalpur und wurden mit köstlichen indischen Speisen freundlich empfangen und erzählten, was sich im vergangenen Jahr ereignet / verändert hat.

Nach 2 Stunden kamen wir im Hospital an. Zwei Verkehrsunfälle sahen wir unterwegs und wir haben erneut gelernt, dass die Menschen wie selbstverständlich auf Bergen von Plastikmüll (warum haben wir in Deutschland `gelbe Säcke???) spielen, arbeiten, schlafen, Lebensnotwendigkeiten verkaufen, ja Ihr Leben verbringen. Ebenso wie die Wasserbüffel, Affen, Wildschweine, Kühe, verschiedenste Vögel, streunende Katzen und Hunde um die wir mit ungefähr 60-100 km/h herumfuhren.

Nachdem wir eine kurze Erfrischung unter der kalten Dusche genossen (nein, es gibt auch in diesem Jahr leider kein warmes Wasser), Kaffee und Tee bekommen hatten, ging es zur Triage (Sichtung) der wartenden Patienten. Es war sehr anrührend in den Wartesaal zu kommen und in die vielen hoffnungsvollen Augen der Familien zu schauen. Es war eine andächtige Stille, Vater Abraham begrüßte uns sehr freundlich und wir bekamen Blumenstäusse, Blumenketten und viel Applaus.

Dann stellten sich die Patienten vor. Albrecht sagte, er habe in all den vielen Jahren noch nie so viele und dabei auch schwerkranke Patienten vorgestellt bekommen. Wir sassen viele Stunden zusammen und stellten trotz allen Bemühens fest, dass nicht alle Bedürftigen in dieser einen Woche – es sind mit langer An-und Abreise ja leider nur 5 Operationstage- versorgt werden können. Wie sollten wir vorgehen?

Es fällt unglaublich schwer, Familien, die von weit her und mit großer Hoffnung hier in Katra angekommen sind, wieder unverrichteter Dinge nach Hause zu schicken.

Aber es blieb uns nichts anderes übrig, wir mussten einen „Plan“ erstellen. Und am Ende stand ein „OP-Plan“ für die Woche, in dem wir vor allem berücksichtigt hatten, dass unser Tun eine Funktionsverbesserung und damit deutliche Lebensverbesserung des Patienten/ der Patientin darstellt, dass wir nach Möglichkeit durch die Operation einen Zustand erreichen, der nicht noch weitere unmittelbare Eingriffe erfordert, die wir in unserer sehr kurzen Anwesenheit nicht leisten können und es spielten natürliche auch berufliche, psychische, kulturelle und familiäre Aspekte eine Rolle. Auch waren Patienten dabei, die uns Befunde vorstellten, die von anderen Fachspezialisten zu versorgen sind. Wir verwiesen an diese.

Müde und erschöpft und nach einem köstlichen Mahl von Köchin Lata zubereitet fielen wir nach fast 38 Stunden durchgehend (die kurze Zeit im Hotel in Delhi zählt nicht..) auf den Beinen mit unglaublichen vielen erschreckenden aber auch wunderschönen Eindrücken in die Betten.